Im Prinzip ist MindSphere auch keine IoT-Plattform, sondern ein cloudbasiertes IoT-Betriebssystem, mit der man solche Plattformen relativ einfach aufbauen kann. Insofern ähnelt es der ThingWorx-Software von PTC. MindSphere besteht aus einer Connectivity-Schicht für die sichere und verschlüsselte Datenkommunikation, der eigentlichen MindSphere mit Data Analytics-Tools, offenen Schnittstellen zur Entwicklung kundenspezifischer Apps und Anbindung zu den Cloud-Infrastrukturen von verschiedenen Public- oder Private-Cloud-Anbietern sowie den Apps von OEMs, Endkunden, Partnern oder von Siemens selbst. Helmrich unterstrich noch einmal, dass Siemens als IoT-Plattformbetreiber unter keinen Umständen in Konkurrenz zu seinen Maschinenbau- oder OEM-Kunden treten will.
Einer dieser Kunden ist übrigens die Gebr. Heller Maschinenfabrik, einer der großen deutschen Hersteller von Werkzeugmaschinen, der auf Basis von MindSphere eine Condition Monitoring-App entwickelt hat. Sie erlaubt Heller-Kunden den weltweiten Zugriff auf die Monitoring-Daten über die Cloud und erhöht dadurch die Verfügbarkeit der Maschinen. Gleichzeitig ermöglicht sie es dem Maschinenbauer, zusammen mit den Kunden neue, servicebasierte Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Auch CONTACT Software möchte mit der neuen IoT-Plattform Kunden in die Lage versetzten, Digital Twins zu erzeugen, die den Lebenszyklus smarter Produkte von der ersten Idee über Entwicklung und Produktion mit der Nutzungsphase des realen Produkts verbindet. Dadurch können sie dann einerseits Mehrwertdienste wie z.B. die Fernwartung anbieten, andererseits die Betriebsdaten aber auch für die Weiterentwicklung und Verbesserung ihrer Produkte nutzen. In Hannover demonstrierte der PLM-Hersteller das am Beispiel einer Solaranlage und anderer IoT-Szenarien.
Unzweifelhaft ist die Verbindung von PLM und IoT Voraussetzung, um digitale Zwillinge mit Daten aus der realen Welt füttern und optimieren zu können. Das Problem ist, dass die meisten PLM-Lösungen gar nicht in der Lage sind, eine vollständige digitale Repräsentation einer ausgelieferten Produktkonfiguration über den gesamten Lebenszyklus zu verwalten. Dazu gehört bei einer Maschine z.B. auch die Steuerungssoftware, ohne die man das dynamische Verhalten der Maschine nicht richtig simulieren kann. Siemens ist hier dank der vielen Simulationstools im Portfolio und der Möglichkeit, zumindest die eigenen Steuerungen zu emulieren, für die vierte industrielle Revolution sicher am besten aufgestellt.
Die Frage, die ich mir stelle ist, ob es Sinn macht, dass jeder PLM-Hersteller eine eigene IoT-Plattform bzw. die Werkzeuge zur Entwicklung solcher Plattformen anbieten muss. Es ist abzusehen, und das zeigen auch die Erfahrungen mit anderen Plattformen wie Amazon, Facebook, Airbnb, Uber etc., dass am Ende wenige Plattformbetreiber das Geschäft machen werden. Meines Erachtens gibt es mit Blick auf Future PLM wichtigere Herausforderungen zu bewältigen, z.B. die Integration der Werkzeuge und Methoden für das interdisziplinäre Model Based Systems Engineering, ein disziplinenübergreifendes Anforderungsmanagement oder ein vollumfassendes Konfigurationsmanagement. Aber das ist nur meine unmaßgebliche Meinung, die ich hier gerne mit Ihnen diskutiere.