Wie sich Aras in der Produktentwicklung neu aufgestellt hat, um die Entwicklung zu beschleunigen, erläuterte John Sperling, Vice President Product Management den Teilnehmern. Dank Implementierung eines mehrschichtigen Scaled Agile Frameworks (SAFe) mit Product Ownern, Product Managern, Roadmap Team und Steering Committee, das sich um die langfristige Produktplanung kümmert, habe man die Release-Zyklen für neue Service Packs mit der Version 12 auf sechs Wochen verkürzt. Ziel sei, jeden Monat ein neues Service Pack freizugeben, was Änderungen an der Roadmap erfordere, sagte Sperling. Aras will den Funktionsumfang der einzelnen Apps künftig stärker inkrementell erweitern.
Neue Bausteine für den Digital Thread
Zu den Neuerungen, die den Kunden ab sofort zur Verfügung steht, gehört das Requirements Engineering-Modul, das eine bestehende Anwendung für das Anforderungsmanagement ersetzt. Die neue App bildet die Grundlage, um den digitalen Faden (Digital Thread) von der Modellierung der Systemarchitektur bis zur Verifikation & Validierung (V&V) zu spannen, wie CTO Rob McAveney erläuterte. Aras verwaltet in der PLM-Plattform aber nur ein Metamodell der Systemarchitektur, das über Ankerelemente mit der Detailbeschreibung in den Autorentools, z.B. einem SysML-Editor verbunden ist, um die Nachverfolgbarkeit der Konfiguration über den gesamten Prozess sicherzustellen. In der ersten Hälfte 2020 soll die neue App für das Management von Simulationsaufgaben und -daten folgen, in die wesentliche Funktionen der 2018 übernommenen Software von Comet Solutions eingeflossen sind. Eine dezidierte V&V-App, die die Ergebnisse aus physikalischen und Softwaretests mit der Systemarchitektur verknüpft, wird allerdings noch etwas auf sich warten lassen.
Ein zentraler Baustein für den Aufbau des Digital Thread ist das Configuration Management. Die entsprechende App ermöglicht die Steuerung unterschiedlicher Konfigurationen innerhalb einer BOM-Struktur über so genannte Effectivity Services, die prinzipiell auf sämtliche Strukturen angewandt werden können, wie Georg Sandritter von Aras erläuterte. Wenn ich es richtig verstanden habe, handelt es sich um einen regelbasierten Filtermechanismus, mit dem die Beziehungen zwischen den Items einer Struktur definiert und Items nach bestimmten Kriterien ein- oder ausgeschlossen werden können.
Aras sieht seine Aufgabe darin, den Digital Thread aufzubauen und die Verknüpfung mit dem Digital Twin sicherzustellen, nicht jedoch die Daten einzusammeln und auszuwerten, wie McAveney betonte. Die Schaffung einer eigenen IoT-Plattform ist nicht geplant. Es wäre ein Fehler, jetzt in das IoT zu investieren, da sich Markt und Technologie noch rasant weiterentwickeln, sagte Schroer. IoT wird am besten von den Cloud-Providern bereitgestellt. MS Azure ist der von Aras präferierte Cloud- und IoT-Partner, was nicht verwunderlich ist, weil Microsoft gleichzeitig zu den großen Kunden von Aras gehört.
Aras hat Geld für weitere Akquisitionen
Für mich eine überraschende Neuigkeit war, dass Aras seine Neutralität hinsichtlich der Implementierungsoptionen für die PLM-Plattform ein Stück weit aufgibt und stärker auf die Cloud setzt. Von der Architektur war Aras Innovator im Prinzip immer schon Cloud-fähig, aber das Deployment soll durch Docker-Container, die mit Kubernetes orchestriert werden können, ab Q3 2020 noch einfacher werden. Außerdem wird Aras seine PLM-Plattform auf Basis der MS Azure-Infrastruktur künftig selbst als Cloud-Service anbieten. Wir können heute schon das Management in einer privaten Cloud übernehmen und sind darauf vorbereitet, unseren Kunden künftig auch eine Multi-Tenant-SaaS-Lösung zu offerieren, sagte Schroer in der Q&A Session, in der er sich zusammen mit McAveney den Fragen der Teilnehmer stellte. Im Interview stellte er klar, dass Aras damit auf das wachsende Interesse größerer Kunden an der Cloud reagiere und nicht unbedingt kleinere Unternehmen gewinnen wolle.
In der Fragerunde erinnerte Schroer daran, dass Aras – im Unterschied zu seinen Mitbewerbern – übernommene Anwendungen nicht einfach integriere, sondern auf der Basis der eigenen Plattform neu schreibe, was strategische Akquisitionen aufwendiger mache. Dessen ungeachtet wird das Unternehmen die 70 Millionen US-Dollar Risikokapital, die es Ende letzten Jahres von Goldman Sachs und anderen Investoren bekommen hat, für weitere Übernahmen nutzen. Wir sind zur Zeit in der Diskussion mit zwei Software-Anbietern, sagte Schroer. In welchen Bereichen wollte er noch nicht verraten, aber er gab einen Hinweis: Lücken im Portfolio gebe es noch mit Blick auf die Hightech- und Medical Device-Industrie, in denen Aras stärker Fuß fassen wolle.