mecPro2, so heißt das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit immerhin 2,5 Millionen Euro geförderte Verbundprojekt von 12 Forschungsinstituten, Industrieunternehmen, Software- und Beratungshäusern, die noch einmal 1,8 Millionen Euro oben drauf gelegt haben. Der Name steht für “Modellbasierter Entwicklungsprozess cybertronischer Produkte und Produktionssysteme” – sperrig, wie die Titel von Forschungsprojekten nun einmal zu sein haben. Nach drei Jahren steht es kurz vor dem Abschluss.
Worum es bei dem Projekt ging war zu untersuchen, wie die Werkzeuge und Methoden des Model-Based Systems Engineerings (MBSE) in den Produktentstehungsprozess integriert werden können und welche Informationen aus dem Werkzeugen für die Systemmodellierung (mit SysML) in die PLM-Systeme einfließen müssen, um sie Prozessen wie Änderungs- oder Konfigurationsmanagement unterwerfen zu können. Prof. Martin Eigner von der TU Kaiserslautern, Initiator des Projekts, wird mich für die verkürzte Darstellung rügen, aber schon das Abstract des Projektantrags war länger als der Platz für meinen Blog. Ein Antrag, der übrigens im ersten Anlauf abgelehnt wurde, weil das Projekt nicht mit Industrie 4.0 und der intelligent vernetzten Produktion zu tun hatte, sondern mit der Entwicklung von intelligent vernetzbaren Produkten und Produktionssystemen. Inzwischen hat man schlauerweise erkannt, dass das eine nicht ohne das andere funktionieren kann.
Sie werden sich vielleicht fragen, wofür man MBSE braucht? Nun, MBSE ist sozusagen das Esperanto für die an der Entwicklung komplexer, cybertronischer Produkte beteiligten Disziplinen: Mechanik-Entwickler, Elektrik/Elektronik-Entwickler, Software-Programmierer, Service-Leute etc. Sie alle sprechen ein anderes Fachchinesisch und setzen unterschiedliche IT-Systeme ein, die kaum miteinander kommunizieren können. Mit Hilfe von MBSE beschreiben alle Beteiligten die Anforderungen an ein Produkt und die Funktionen, die es erfüllen soll, auf einer höheren Abstraktionsebene, simulieren sie und validieren sie. Ein MBSE-Auto hat keine Scheinwerfer, sondern die Funktion Beleuchtung mit bestimmten Anforderungen, z.B. dass sie bei Kurvenfahrten die Kurve ausleuchtet. Was davon später in Hardware, Elektronik und/oder Software abgebildet wird, ist erst mal unerheblich. MBSE ist nicht neu, wird aber bislang kaum interdisziplinär genutzt, und die Werkzeuge sind nicht gut in den Produktentstehungsprozess integriert. Das ist der Ansatzpunkt von mecPro2.
Die wichtigsten Ergebnisse des Forschungsprojekts sind:
• ein minutiöser Referenzprozess für die cybertronische Produktentwicklung, der sich an die bestehenden Prozesse für die Mechatronik-Entwicklung anlehnt und sie um eine Reihe von Prozessmodulen erweitert;
• eine einheitliche Beschreibungssystematik für die Art, wie cybertronische Produkte und Produktionssysteme in SysML zu beschreiben sind, die in die internationale Normung einfließen soll;
• zwei Demonstratoren, die am Beispiel der PLM-Systeme CIM Database und Teamcenter deutlich machen, wie SysML-Artefakte in die PLM-Systeme und -Prozesse integriert und wie Artefakte der Produktmodellierung für die Simulation der dazu gehörigen Produktionsanlage genutzt werden können. Weitergehende Informationen zum Projekt und den Ergebnissen finden Sie hier
Ist damit der Beweis erbracht, dass PLM-Systeme für die Anforderungen der Zukunft gewappnet sind? So pauschal wollten das weder Prof. Eigner, noch Konsortialführer Dr. Walter Koch von Schaeffler, mit denen ich bei der Ergebniskonferenz ein Interview geführt habe, stehen lassen. Einige PLM-Systeme seien von der Architektur her eher geeignet als andere, meinte Koch. Das sollten Unternehmen bei der PLM-Auswahl unbedingt berücksichtigen, wenn sie vorhaben, ihre Produkte künftig mit den Werkzeugen und Methoden des MBSE interdisziplinär zu entwickeln.