In einem Blog-Beitrag einen Überblick über die Messeneuheiten geben zu wollen, wäre vermessen, zumal ich in diesem Jahr nur einen Tag in Hannover war. Deshalb beschränke ich mich hier auf ein paar impressionistische Pinselstriche. Was mir schon beim ersten Gang über die Digital Factory auffiel war die massive Präsenz von Herstellern, die 3D-Drucker und andere Maschinen für die additive Fertigung zeigten. Oder eben auch nur einen Roboter mit Spezialarm, der eine Schiffsschraube oder einen Schiffsrumpf aufschweißt bzw. ausdruckt. Damit fällt endgültig die Beschränkung der Bauteilgrößen auf die begrenzten Bauräume von 3D-Druckern oder ähnlichen Maschinen.
Zum Teil sah man in Hannover riesige Exponate, die entweder direkt oder indirekt, d.h. mit Hilfe von 3D gedruckten Formen hergestellt wurden. Altair zeigte z.B. die topologisch optimierte und in ein Gussbauteil umgewandelte Schweißkonstruktion einer Fahrwerkschwinge für ein landtechnisches Bodenbearbeitungsgerät. Nicht das Teil selbst wurde in 3D gedruckt, wohl aber die verlorene Sandform, in der es Gestalt annahm.
Auch in Punkto Materialen gibt es bald nichts mehr, was sich nicht drucken lässt. Ich weiß nicht mehr genau wer mir von der Möglichkeit erzählte, transparente Bauteile aus einer Mischung aus Glaspulver und Klebstoff zu drucken, die nach der Herstellung erhitzt werden, um den Klebstoff zu entfernen. Wenn ich Werkzeugmaschinenhersteller wäre oder einen traditionellen Fertigungsbetrieb mit teuren Dreh- und Fräsmaschinen hätte, würde ich mich jedenfalls nach einem Besuch der Digital Factory warm anziehen.
Natürlich wird nicht alles so heiß gegessen wie es gedruckt wird. Die Herausforderung wird darin bestehen, den 3D-Druck und andere additive Verfahren effizient in die bestehenden Fertigungsprozesse zu integrieren. Ein wichtiges Thema dabei ist die sichere Bereitstellung von 3D-Druckdaten. Wie sie mit Hilfe der Blockchain-Technologie geschützt werden können, zeigte PROSTEP zusammen mit Partnern am Beispiel der Secure Additive Manufacturing Platform. SAMPL ist ein vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördertes Verbundprojekt mit dem Ziel, eine durchgängige Sicherheitslösung von der Entstehung der digitalen 3D-Druckdaten über den Austausch mit einem 3D-Druckdienstleister und seinen abgesicherten Trusted 3D-Druckern bis zur Kennzeichnung der gedruckten Bauteile mittels RFID-Chip zu entwickeln. Es soll den Missbrauch von 3D-Druckdaten z.B. für die Herstellung von Plagiaten, verhindern.
Die additiven Fertigungsverfahren beeinflussen aber auch die Entwicklungsprozesse, denn sie schreien förmlich nach einer neuen Herangehensweise bei der Gestaltung der Bauteile. Klassischerweise wird in den Unternehmen erst konstruiert und dann berechnet. Um die neuen Freiheiten des 3D-Drucks ausschöpfen zu können empfiehlt sich hingegen ein generatives Design, das ausgehend von bestimmten Parametern automatisch bionische, d.h. an den Prinzipien der Natur orientierte Strukturen erzeugt. Man stellt gewissermaßen die Berechnung bzw. die Topologie-Optimierung an den Anfang der Konstruktion. Eigentlich wäre das immer schon zweckmäßig gewesen, um die mit Details überfrachteten Konstruktionsmodelle für die Berechnung nicht immer aufwendig abspecken zu müssen, aber das hat sich in der Praxis nicht durchgesetzt.