Shilovitsky konstatiert fünf Trends und Technologien mit dramatischen Auswirkungen auf die Zukunft von PLM, nämlich Big Data, Messaging und Mobilität, Internet of Things (IoT) und das explosive Wachstum von Elektronik und Software in der Fertigung. Die Herausforderung bestehe darin, die Abdeckung von PLM über die Grenzen der Engineering-Abteilung auszudehnen, denn PLM werde immer noch mit Mechanik-CAD assoziiert, was eine breitere Akzeptanz erschwere.
Nicht nur in den USA macht man sich Gedanken über die Zukunft von PLM. Vor ein paar Wochen hatte ich das Privileg, mit einer Runde erfahrener PLM-Experten über die Zukunft von PLM zu diskutieren. Alle Teilnehmer des Workshops Future PLM waren sich darüber einig, dass wir eine andere Art von PLM brauchen, um die Herausforderungen der digitalen Transformation zu meistern. Ergebnis des Workshops waren eine Reihe von Thesen, die demnächst in Blog-Form zur Diskussion gestellt werden sollen. Als Mitautor nehme ich mir die Freiheit, Ihnen als Urlaubslektüre schon mal eine kleine Kostprobe zu servieren.
Die Digitalisierung von Produkt und Produktion und ihre Vernetzung über das IoT hat nach Einschätzung der Autoren des inzwischen veröffentlichten Thesenpapiers gravierende Auswirkungen auf die Zukunft von PLM. Digitale und reale Welt verschmelzen in dem Maße, in dem traditionelle Produktdaten mit Sensordaten aus Produktion und Betrieb verknüpft werden. Der Produktlebenszyklus, den die PLM-Systeme unterstützen sollen, verlängert sich dadurch, dass Produkte zunehmend um Dienstleistungen ergänzt oder gleich als (Product as a) Service angeboten werden. Als Enabling Technologie für die Digitalisierung muss sich PLM also neuen Aufgaben stellen. Ihr Stellenwert muss aber endlich auch vom Management erkannt und anerkannt werden.
Was bedeutet das für die PLM-Systeme bzw. ihre Hersteller? Eine der Kernaussagen des Thesenpapiers Future PLM ist, dass monolithische PLM-Systeme angesichts der gestiegenen Komplexität von Produkten und Prozessen keine Zukunft haben. Das heißt zugleich, dass es DEN digitalen Master und DIE Single Source of Truth aus der Hand eines einzigen PLM / ERP-Herstellers nicht geben kann. Stattdessen brauchen wir föderierte PLM-Systeme und semantische Netzwerke, die in der Lage sind, die digitalen Modelle in den verschiedenen Subsystemen intelligent zu vernetzen. Das erfordere modulare Software-Architekturen mit einer Offenheit, die allen Lippenbekenntnissen der Hersteller zum Trotz noch längst nicht alle PLM-Systeme bieten.
Eine der Kernanforderungen an die zukünftigen PLM-Architekturen ist eine bessere Unterstützung der Kollaboration mit Joint Ventures, Entwicklungspartnern und Systemlieferanten. Außerdem müssen sie die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Mechanik-, Elektrik/Elektronik- und Software-Entwickler sowie der Serviceplanung besser unterstützen. Dazu sind neue Strukturierungsansätze erforderlich: Die klassische Bill of Material ist nach Überzeugung der Autoren des Thesenpapiers nicht geeignet, um smart vernetzte Produkte und neue serviceorientierte Geschäftsmodelle zu unterstützen. Auf die PLM-Entwickler kommt in den nächsten Jahren viel Arbeit zu, wenn sie ihre PLM-Systeme fit für die digitale Transformation machen wollen.
Die Autoren des Thesenpapiers fordern außerdem mehr Agilität bei der PLM-Implementierung, um die Komplexität zu reduzieren, die mit ein Grund dafür ist, dass immer noch viele PLM-Projekte scheitern. Ein konsequenteres Monitoring der PLM-Projekte sei erforderlich, um sicherzustellen, dass die geplanten Ziele in Time und Budget erreicht werden. Außerdem müsse die Gesamtkosten bei PLM-Implementierung viel stärker berücksichtigt werden. Die Autoren des Thesenpapiers unterstreichen dabei die Bedeutung von modernen Technologie-Plattformen, die ein weitgehend interaktives Customizing erlauben und den Upgrade der konfigurierten PLM-Lösung erleichtern, für die Reduzierung der Betriebskosten. Da sind einige PLM-Hersteller definitiv besser aufgestellt als andere.